Berlin, den 4. Juni 2024 – Der Landeselternausschuss Kita (LEAK) Berlin, der die Interessen der Eltern der Berliner Kitakinder vertritt, distanziert sich klar von den derzeitigen Streiks der Gewerkschaft ver.di.
Es ist für uns unverständlich, dass die Eltern und Kinder in Berlin nach den harten Corona-Jahren und den Tarifstreiks Ende 2023 erneut die Leidtragenden sein sollen. In diesem Streik werden genau jene Familien mehr belastet, die bereits die aktuellen Herausforderungen durch gekürzte Öffnungszeiten, Kitaschließungen oder fehlendem pädagogischen Fachpersonal kompensieren müssen.
Viele Eltern haben nicht die Möglichkeit, binnen einer Woche eine alternative Betreuung für ihre Kinder zu organisieren. Urlaubstage sind vielfach schon aufgrund der Schließzeiten und anderer Reduzierungen verplant. Besonders betroffen sind dabei die vielen Alleinerziehenden in unserer Stadt. Noch schwieriger gestaltet es sich, wenn es Geschwisterkinder in den Schulen gibt, die ebenfalls von Streiks an anderen Tagen betroffen sind. Diese Gesamtsituation erhöht den Druck in den Familien, auf die Politik aber in keiner Weise. Manche sind aufgrund der Zerrissenheit von beruflicher Verantwortung und Kinderbetreuung existenziell bedroht. Die Bemühungen, die vertrauensvollen Beziehungen zwischen Eltern und dem Fachpersonal nach den zurückliegenden Jahren wieder aufzubauen bzw. zu stärken, werden wiederholt gestört.
Nach den Angaben der Kita-Eigenbetriebe von Berlin betreuen diese etwa ein Viertel der Berliner Kitakinder. Es ist gesellschaftlich nicht fair, die Last der Streikmaßnahmen auf diesem Viertel der Kinder und Eltern abzuladen, die bei den landeseigenen Betrieben in der Betreuung sind. Positive und zeitnahe Auswirkungen auf die Betreuungsbedingungen sind bei der aktuellen Haushaltslage und dem anhaltenden Personalmangel keinesfalls sicher. Streikmaßnahmen mit ungewissem Ausgang und einer einseitigen Belastung eines Teils der Elternschaft halten wir daher für unangemessen.
Als Landeselternausschuss Kita unterstützen wir die Forderungen des Berliner Kitabündnisses, wissen aber auch, dass diese unter anderem aufgrund der aktuellen Personalsituation nur langfristig umsetzbar sind. Zu den Forderungen gehören:
- Zeit für Kinder! Eine angemessene Ausstattung der Berliner Kitas mit Fachpersonal ist Voraussetzung für mehr Zuwendung und mehr Zeit für jedes Kind. Wir fordern daher die Umsetzung der Empfehlungen der Bertelsmann-Stiftung, um innerhalb der kommenden Legislaturperiode einen Betreuungsschlüssel für unter 3-jährige Kinder von aktuell 1:5 auf 1:3 und für über 3-jährige Kinder von 1:7,5 zu erreichen.
- Zeit für Dialog! Die vertrauensvolle Beziehung zwischen Eltern und Fachkräften ist ein Baustein für die erfolgreiche Bildungsbiografie jedes Kindes. Nach den wechselvollen Zeiten von Schließung, Teilöffnung oder Notbetrieb während der Corona-Pandemie gilt es, diese wieder zu stabilisieren. Dafür benötigen die Pädagog:innen im Kitaalltag entsprechende zusätzliche Ressourcen, um zeitlich angemessen und bedarfsorientiert den Dialog mit Familien führen zu können.
- Gute Kita-Plätze für Berlin! Der Bedarf an guten Kitaplätzen ist weiterhin hoch. Jedes Kind soll einen Kita-Platz gemäß Rechtsanspruch erhalten. Dabei ist das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern zu gewährleisten. Wir fordern eine dementsprechende Mittelausstattung des Landesprogramms „Auf die Kitas, fertig los!“, Sanierung der bestehenden Kitas zum Erhalt dieser Plätze und eine vorrangige Förderung des Platzausbaus in sozialen Brennpunktlagen.
In der vergangenen Woche hat der LEAK mit dem Berliner Kitabündnis eine Aktionswoche unter dem Motto „Berlin wird orange – Auf die Kleinen kommt es an“ durchgeführt, um auf die bestehenden Forderungen aufmerksam zu machen.
Wir halten die von ver.di ergriffenen Maßnahmen für die falschen Mittel, denn wie oben ausgeführt, treffen diese im Besonderen die Familien selbst. Kurzfristige Streiks werden die Probleme nicht lösen. Es gilt, konsequent an den gemeinsamen Zielen weiterzuarbeiten, denn viele gute Initiativen wurden in den letzten Jahren bereits auf den Weg gebracht.
Wir appellieren daher an alle Beteiligten, verantwortungsvoll und im Sinne der Kinder und Eltern zu handeln. Nur durch weitere konstruktive Zusammenarbeit können wir langfristige Verbesserungen erreichen.
Ich danke für diesen offenen Brief, der unsere Situation als Kita-Eltern (landeseigener Betrieb) sehr gut zum Ausdruck bringt. Was ich ebenfalls sehr bedauerlich finde, ist, dass unsere Kita-Leitung mit den Eltern schlicht nicht kommuniziert (es hängen nur die von verdi geschickten Streikaufruf-PDF’s an der Tür, sie werden nicht mal per E-Mail geschickt). Natürlich sind die Arbeitsbedingungen in den Kitas schwierig, und ich will den Senat da gar nicht verteidigen. Aber es ist auch üblich geworden, sich bei allen Schwierigkeiten dahinter zu verstecken.
Es ist mindestens fragwürdig, ob das von VERDI ausgegebene Ziel eines eigenen Tarifvertrags für die Beschäftigten in den Eigenbetrieben mit (diesen) Streiks überhaupt zu erreichen ist. Das Land Berlin verweist darauf dass Tarifverträge nur unter dem Dach der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) verhandelt und geschlossen werden. VERDI will Berlin durch die Streiks dazu zwingen, aus der TdL auszuscheren und dennoch einen Tarifvertrag zu verhandeln. Dies scheint praktisch ausgeschlossen. So bekommen die Eltern den Eindruck, dass VERDI mit der Brechtstange und ohne Rücksicht auf die Belastungen der Familien ein Ziel verfolgt, dass so nicht erreicht werden KANN. Die Vorstellung, dass all die ausfallenden Betreuungstage absehbar „für die Katz“ sind, frustriert zutiefst. All die Alleinerziehenden und Arbeitnehmer:innen, die nicht ins Homeoffice „ausweichen“ können, müssen für die brachiale „Strategie“ der Gewerkschaft bitter bezahlen – und das ohne, dass irgendeine Besserung oder auch nur ein Effekt zu erwarten ist.
Vielen Dank für diesen offenen Brief und die Distanzierung vom laufenden Streikgeschehen.
Leider geht die Kita nicht nur an den regelmäßig am Donnerstag stattfindenden Streiktagen in den eingeschränkten Betrieb oder die Schließung, sondern aufgrund einer Vielzahl von Krankmeldungen auch an den folgenden Freitagen. Dies ist sicherlich auch einer Überlastung derjenigen ErzieherInnen geschuldet, die einen eingeschränkten Betrieb sicherstellen. Die Situation der heute in den städtischen Kita betreuten Kinder jedenfalls wird durch die Aktivitäten der Gewerkschaft aktiv verschlechtert und deren Entwicklung behindert.
Das Schicksal von Wahlversprechen bei angespanntem Haushalt und kurzer Legislatur war von diesem Senat zu erwarten. Sofern die Argumentation zur Zuständigkeit ernsthaft weiter vertreten wird, sollte man, damit dieser formale Ansatz nicht als vorgeschoben und typisch Berlin wahrgenommen wird, versuchen über den Rechtsweg weitere Streiks untersagen zu lassen.